Dienstag, 6. Juni 2017

Wurzeln und Flügel

Jetzt bin ich schon über 18 Jahre lang Mutter. Nach dem ersten süßen Baby (das uns viele Nächte durch geschrien hat ;-)) kamen nach und nach drei weitere dazu.
Jedes auf seine Weise einzigartig, wunderbar, besonders!
Jedem auf seine Weise gerecht zu werden ist eine Lebensaufgabe die wir nach besten Möglichkeiten zu tun versuchen.


Waren die ersten Jahre noch von sehr viel Nähe und intensiver Betreuung geprägt, die allmählich in Selbständigkeits Training und Rückzug vom Familienzentrum in die eigenen Zimmerwände geschah.
Müssen wir uns jetzt allmählich mit dem Gedanken anfreunden, dass das Erste ihre Flügel auszubreiten beginnt um das Nest vollends zu verlassen.
Noch ist es eine spannende Entdeckungsreise wohin der Weg des Lebens meine Kinder führen wird und ich bin mit neugierig und gespannt auf ihre Weiterentwicklung, die zunehmend ohne mein Zutun geschieht.
Ich lausche in mich hinein, spüre nach ob sich auch schon Wehmut finden lässt und kann es doch noch gar nicht richtig erkennen.  Vielleicht weil die Aufgabe noch lange nicht abgeschlossen ist, da sind ja auch noch die Jüngeren die noch meine Aufmerksamkeit und Unterstützung brauchen. Doch auch die werden früher oder später ihre Flügel ausbreiten und in ein Selbstbestimmtes Leben davon fliegen.

Ein langes Wochenende lang haben wir "den Ernstfall" üben dürfen. Die beiden Jüngsten auf einem Royal Ranger Camp, die Ältesten voll eingespannt in ihrem Saisonjob oder anderen Terminen, sahen wir uns plötzlich mit der Zweisamkeit konfrontiert. Egal wo wir geladen waren oder was wir unternehmen wollten, wir waren nur zu zweit. Auf einen Schlag alle vier Kinder plötzlich auf eigenen Wegen zu wissen war doch etwas merkwürdig und besonders dem Jüngstem, der zum ersten mal solange alleine unterwegs war, das zuzutrauen, war eine Herausforderung.
Die ersten zwei Tage schlich sich in stilleren Momenten die Sorge auf leisen Sohlen an mich heran und hatte die Wehmut gleich im Schlepptau.
Sich dann zu sagen, dass alle in guten Händen sind und ganz sicher von den Engeln umgeben die Gott für sie ausgesandt hat war wichtig. Aber auch darauf zu vertrauen, dass die gute Saat an Werten, Fähigkeiten und Selbstbewusstsein die wir hinein gesät haben nun Früchte trägt.
Jetzt zeigt sich ob die Wurzeln die wir ihnen geben halten und die Flügel schon stark genug sind für die Flugversuche in die Eigenständigkeit.


Wir haben das Wochenende auch zu zweit sehr genossen. Eine neue Leichtigkeit die da versuchsweise in unser Leben geflattert kam, wie ein Schmetterling einen Hauch von Farbe und Weite mitbrachte.
Und doch bin ich froh, dass wir viele Jahre haben um das Festhalten und vor allem das wieder Loslassen unserer Kinder üben zu dürfen. Sie dann immer wieder in die gnädigen, schützenden Hände Gottes zu legen und darauf zu vertrauen, dass er sie immer begleiten wird ist mir Übung und Trost zugleich.
Eines weiß ich, sie werden alle gehen und ihr eigenes Leben leben. Eigene Wege finden ihr Leben zu gestalten und vielleicht auch eigene Familien gründen. Doch sie werden auch wieder zurück kommen, für einen Moment innehalten um den Duft und Klang der Kindheit zu atmen, ihre Wurzeln zu stärken und dann weiter fliegen.
Und genau so soll es sein!

Aber bis dahin werde ich noch oft ermahnen die Hausaufgaben zu machen, noch viele schmutzige Kleidung waschen und noch mehr reichhaltige Mahlzeiten auf den Tisch bringen.
Sie kommen nicht alle auf einen Schlag und sie gehen auch nicht alle gleichzeitig. Da erkennt man wieder die Weisheit Gottes, denn unser Schöpfer weiß genau wie viel wir tragen können.

In seinen Händen darf ich uns alle geborgen wissen!