Dienstag, 24. April 2018

Worte

"Warum schreibst du nicht mehr?" wurde ich die Tage mal gefragt.
Und ich muss feststellen, dass ich mich seit Weihnachten hier nicht mehr gemeldet habe.
Seit dem habe ich einige male da gesessen und nach Worten gesucht. Habe mich gefragt ob sie mir zwischen Kisten und Möbeln verloren gegangen sind oder eingefroren wie der Bach hinter dem Haus.
Der Bach ist mittlerweile wieder eisfrei und plätschert über Stock und Stein dahin, doch meine Worte fließen nur zäh.
Einige musste ich aber auch verschwenden für Anträge und Widersprüche und den niemals endenden Wahnsinn der deutschen Bürokratie. Da ich seit meinem Burnout nicht wieder soweit belastbar bin um meinem Beruf nachzugehen, habe ich eine Rente beantragt doch diese Mühlen mahlen sehr langsam und zäh, und brauchen viel Ausdauer, überzeugende Worte und Kraft zu kämpfen.




Einige Worte wiederum sind auf andere Seiten geflossen und haben mir gezeigt, dass Kreativität und Sprache die Kunst meiner Seele sind. Die Geschichten die mein Leben schreibt in Worte zu fassen und weiter zugeben, sei es in geschriebener Form, wie hier, oder im Gespräch.
Worte helfen mir auf vielfältige Weise mein Leben zu gestallten, zu wachsen und zu reifen. Ich brauche immer wieder den Austausch mit anderen Menschen. Sei es der freundliche Gruß beim Blick über den Gartenzaun, der kleine Plausch beim Spaziergang oder Einkauf , oder das tiefe Gespräch mit meinem Mann oder einer Freundin.

Das Eis zu den Nachbarn haben wir durch eine kleine Einladung auf Glühwein, Punsch und Kaffee gebrochen (das war im Januar) und dem Plausch über den Gartenzaun Tür und Tor geöffnet. Man trifft sich mal am Spielplatz oder einfach auf der Straße und weiß zumindest schon mal wo man wohnt und wie man heißt. Heraus aus der Anonymität der Stadt wollte ich es schaffen und ich bin auf dem besten Weg dahin. Ich bin angekommen und fühle mich in der Gemeinschaft willkommen und aufgenommen.

Ach, und dann sind da die vielen "vergeblichen" Worte!
"Räum bitte dein Zimmer auf!"
"Bring bitte den Müll raus!"
"Hört endlich auf zu streiten!"
"Stehst du jetzt bitte mal auf du musst zur Schule!"
Jeder der Kinder hat kennt diese Worte, und wie oft habe ich das Gefühl sie zur Wand zu sprechen, zumindest ist das Ergebnis oft das gleiche.
Und natürlich die vielen Diskussionen, mit den älter werdenden Kindern, haben einen enormen Wörterverschleiß. Dann wiederum bin ich dankbar, dass wir miteinander im Gespräch sein dürfen. Dass sich Worte finden lassen um Verletzungen zu lindern, Missverständnisse zu klären, Unmut zu beschwichtigen, Streit zu versöhnen und vor allem Liebe zu bezeugen. Denn trotz aller Reibereien ist es doch die Liebe zu einander die uns zusammen hält.

Love is what binds us together


Und dann gibt es da die Situationen, da fehlen einem die Worte weil nicht reden sondern Handeln angesagt ist.
Eine solche, banale Situation hatten wir im Februar. Mitten im Nachmittäglichen Ruhemodus, riss uns ein unbändiger Lärm vom Sofa, Bett oder wo wir Hausbewohner uns grade hin zurückgezogen hatten. Alles traf sich in der Diele um der Ursache auf den Grund zu gehen, und schlussendlich fest zustellen, dass das Regalsystem in der Speisekammer der Belastung nicht stand gehalten hatte und sich aus der Wandverankerung gerissen hatte um sich von der Last der darauf gelagerten Vorräte und Haushaltsgeräte zu entledigen. Die wiederum dem rasanten Abwurf nicht standhalten konnten und nun in einem heillosen Durcheinander aus zerschlagenen Wein-, Öl-, Soßenflaschen, Marmeladengläsern, Kirschkonserven, Mehl- und Zucker Packungen und vielem mehr lagen.
Beim Anblick dieses Chaos fehlten uns die Worte!
Doch Unglück schweißt auch zusammen, und so packten alle mit an das Chaos zu beseitigen und die noch nutzbaren oder unbeschädigten Dinge aus der Ölig, klebrigen Maße zu holen und zu reinigen.

Jetzt haben wir ein doppelt gesichertes Regalsystem. Ich glaube nicht das wir einen solchen Supergau noch einmal erleben werden. Und auch da waren Worte so wichtig - einander zu versichern dass weder der eine noch der andere daran Schuld hat. Manche Dinge passieren und müssen einfach so hingenommen und verarbeitet werden doch wir neigen schnell dazu immer erst die Schuld Frage klären zu wollen - Habe ich die Regale zu schwer beladen, oder waren sie nur nicht gut genug an der Wand verschraubt? Doch das bringt uns nicht wirklich weiter. Es miteinander wieder in Ordnung zu bringen, einander Mut zu machen das waren die Worte die uns nützten und einander näher brachten.

Lachen musste ich als ich, beim wieder Einräumen, die schweren Weinflaschen wieder auf das oberste Regal räumen wollte und mein Mann mich fragte, warum sie denn nicht auf dem Boden stehen können.

Naja, sollen Dinge an die die Kinder nicht dran dürfen nicht immer außer Reichweite gestellt werden?
Das ist im Grundsatz richtig!

Doch mir liefen bei dem Gedanken die Lachtränen über die Wangen, denn unsere Kinder sind teilweise schon größer als mein Mann und der ist mit mehr als 1,80 auch nicht gerade klein. Also wären die Weinflaschen auf dem obersten Regal nicht wirklich außer Reichweite.
Manchmal müssen sich die Maßnahmen und Gewohnheiten an die Umstände anpassen.
Musste ich doch letztens tatsächlich meinen 14 jährigen Sohn bitten mir die Kindersicherung des Backofenreinigers zu öffnen weil meine Kraft dafür nicht ausreichte.
Langsam aber sicher kommen unsere Kinder auf unsere Augenhöhe, wie wichtig ist es dann ihnen das auch zuzugestehen. Doch es ist ein schmaler Grat der da zu begehen ist, wo noch Grenzen gesetzt und wo Freiheiten gewährt werden müssen. Die richtigen Worte zu finden um dem Teenager zu zeigen du bist ernst genommen und gleichzeitig den Rahmen zu wahren in dem sie Geborgen und Sicher sein können. Das braucht oft vieler weiser Gedanken und Worte.

Seht es mir bitte nach wenn meine Worte also oft anderweitig strapaziert und aufgebraucht werden.
Denn auch wenn ich recht viele davon habe und mich gerne mitteile, habe ich gemerkt dass sie manchmal versiegen, dass die Geschichten Zeit brauchen bis sie erzählt werden können und doch hoffe ich, dass sie berühren, ermutigen und Freude machen.







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