Mittwoch, 9. November 2016

Wenn das Leben eine Vollbremsung macht

Von Burnout hatte ich schon oft gehört, doch erst als ich mitten drin steckte                        wusste ich wie es sich anfühlt


9.November 2015

Vor genau einem Jahr verwirrten sich die Fäden meines Lebens zu einem Knäuel, und ich bin immer noch dabei sie zu entwirren.

Was augenscheinlich durch einen übervollen Terminplan am 9. November 2015 ausgelöst worden war, hatte sich schon Monate vorher durch manch einen Vorboten angekündigt. Mein Körper hatte schon ein Jahr vorher immer wieder Anzeichen von schwächelndem Immunsystem gezeigt. Immer wiederkehrende Infekte und Schmerzen prägten meinen Alltag. Zudem hatte ich zunehmend mit Schlafproblemen zu kämpfen, Appetit- und Antriebslosigkeit und schnelle Reizbarkeit. Nur hatte ich die Zeichen nicht zu deuten gewusst.  Und auch als mich die Erschöpfung überrollte wie ein Tsunami, dachte ich ein bisschen Zeit für mich, einen Tag mal keine Verpflichtungen würde reichen um wieder Energie zu haben. Doch so sehr ich mich darum bemühte etwas Schönes zu machen, zur Ruhe zu kommen, es wurde immer schlimmer. Zu Erschöpfung, innerer Unruhe und Kraftlosigkeit kamen heftige Rücken-, Kopf- und Nackenschmerzen dazu. Am Tage musste ich viel Zeit im Bett verbringen, da die Schmerzen sonst auch Übelkeit und Schwindel auslösten. Die Nacht war durchdrungen von Unterbrechungen und Schlaflosigkeit in die mein Hirn gleich endlose Grübeleien einbaute. Ich war plötzlich auch sehr lärmempfindlich und jede Mahlzeit mit der Familie wurde zur Herausforderung. Großfamilien Treffen oder große Menschenmengen konnte ich kaum ertragen. Also zog ich mich oft zurück und versuchte  zur Ruhe zu kommen. Mein Verantwortungsbewusstsein ließ aber nicht zu, dass ich mich entspannte. Schließlich hatte ich eine Familie zu versorgen und meine Kinder zu unterstützen. Zu meiner Erschöpfung und körperlichen Schwäche kam noch das Gefühl zu Versagen, den eigenen Ansprüchen nicht zu genügen, Frustration und Verzweiflung.  Die Spirale schien sich immer weiter nach unten zu drehen.

Nach einer Woche erfolglosen Kämpfens war die Verzweiflung über meinen Zustand so groß,  dass ich beschloss mir Hilfe zu suchen. Ich vereinbarte einen Termin bei meiner Ärztin, und suchte dann nach der Telefonnummer der Therapeutin die mir eine Freundin empfohlen hatte. Ich konnte die Nummer nicht sofort finden und betete in meiner Frustration um Hilfe. Und Gott handelte prompt und schickte mir den richtigen Gedanken, doch nicht nur das. Ich erreichte die Therapeutin direkt, was mir in früheren Versuchen nicht gelungen war, und nachdem sie mein Anliegen angehört hatte bot sie mir, trotz langer Warteliste, für den nächsten Tag einen Termin an, der frei geworden war und den sie gerade telefonisch jemandem von der Liste anbieten wollte. So bekam ich einen Strohhalm zu greifen, der mir für den Moment etwas Halt gab, und mein Herz dankte meinem himmlischen Vater für diese so schnelle Hilfe.

Auf dieses Ereignis folgten drei Wochen Arbeitsunfähigkeit und einige Arzt und Therapeuten Termine. Ich musste mich sehr oft hinlegen und war nicht wirklich belastbar aber ich fühlte mich allmählich besser. Nach dreieinhalb Wochen Auszeit beschloss ich,  ich hätte jetzt genug Ruhe gehabt. Da ich nicht mehr dauerhaft Schmerzen hatte und auch nicht mehr so oft im Bett bleiben musste. Also konnte ich ja auch wieder arbeiten!  Ich vereinbarte mit dem Chef, dass ich nur zwei Vormittage arbeiten würde und für den Rest meine angesammelten Überstunden abfeiern könnte.  So konnte ich die letzten Wochen vor Weihnachten mit einem sanften Einstieg wieder starten.
Nach den Weihnachtsferien sollte ich dann wieder meine 16-20 Stunden arbeiten. Da ich in einer Leitenden Position tätig bin hatte ich direkt wieder viel Verantwortung zu tragen und rückblickend frage ich mich wie ich das halbe Jahr bis zu den Sommerferien überhaupt überstanden habe, aber bis auf ein paar kleinere Infekte konnte ich die meiste Zeit arbeiten. Vermutlich hat mir die Aussicht auf die Rehamaßnahme die ich beantragt hatte soviel Motivation gegeben und mein Verantwortungsbewusstsein hat mich nicht aufhören lassen zu kämpfen.  Aber am meisten durfte ich Kraft aus meinem Glauben schöpfen und immer wieder erleben, dass Gott mir Kraft und Hilfe ist.

Die Sommerferien und die anschließenden fünf Wochen Reha taten mir sehr gut und ich fühlte mich wieder gestärkt und erholt.
Besonders die Tatsache, dass ich nicht allein dastehe mit meiner Krankheit sondern viele wunderbare Menschen kennen lernen durfte, die wie ich tagtäglich mit ihren Grenzen kämpfen, hat mir geholfen es einstück weit zu akzeptieren und nicht mehr als persönliches Versagen zu sehen sondern als die Folge langjähriger Selbstüberforderung.

Obwohl ich mich gut genug fühlte wieder nach Hause zu fahren, merkte ich doch, dass unterschwellig Ängste vor dem Alltag da waren die mich wieder runter zogen. Da ich ein sehr optimistischer Mensch bin versuchte ich das negative und die Sorgen auszublenden. Doch der Wiedereinstieg in den Familien- und Berufsalltag fühlte sich an wie die Landung aus der Seifenblase auf einem Kaktus. Die mühsam aufgebaute Stabilität zerplatzte und nach drei Wochen daheim musste ich mir eingestehen, dass es so nicht weiter gehen konnte. Dank einiger guter Gespräche mit den verschiedensten Menschen und der Unterstützung meiner Ärztin habe ich zu akzeptieren begonnen, dass ich nicht mehr die Leistung erbringen kann, die ich bisher gebracht habe. Ich habe mir für einige Probleme Hilfe geholt und versuche jetzt die Zeit der Arbeitsunfähigkeit dafür zu nutzen die verworrenen Fäden zu entknoten und wieder neue Perspektiven und Wege zu finden meinen Alltag zu gestalten. Seit ich zu dieser Akzeptanz gefunden habe spüre ich, dass sich in mir Frieden über meine Situation ausbreitet und die Neugier auf welche neuen Wege mich mein himmlischer Vater führen wird, denn aus IHM und durch IHN und mit IHM lebe ich!


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen